Mary Stevenson Cassatt wurde am 22. Mai 1844 in Allegheny City, Pennsylvania, geboren. Als Tochter einer wohlhabenden Bankiersfamilie genoss sie eine privilegierte Erziehung, die ihr zahlreiche Reisen nach Europa ermöglichte. Entgegen den Wünschen ihres Vaters entschied sie sich für eine Laufbahn als Künstlerin und studierte an der Pennsylvania Academy of Fine Arts in Philadelphia. Da Frauen zu dieser Zeit in den USA kaum ernsthaft als Künstlerinnen gefördert wurden, strebte sie nach einer umfassenderen Ausbildung in Europa. 1866 reiste sie nach Frankreich, wo sie sich intensiver mit den Werken großer Meister wie Correggio, Velázquez, Tizian und Rubens auseinandersetzte.
Seit 1874 lebte Cassatt dauerhaft in Frankreich und bewegte sich in den Pariser Kunstkreisen. Ihre frühen Werke, noch stark von der akademischen Malerei geprägt, fanden Anerkennung und wurden mehrfach im renommierten Salon de Paris ausgestellt. Doch ihre Begegnung mit Edgar Degas veränderte ihre künstlerische Ausrichtung entscheidend. Degas, einer der führenden Impressionisten, erkannte ihr Talent und ermutigte sie, sich der Bewegung der Indépendants anzuschließen, aus der später die Impressionisten hervorgingen. Von 1879 bis 1886 stellte Cassatt regelmäßig mit den Impressionisten aus und spielte eine Schlüsselrolle bei der frühen Verbreitung des Impressionismus in den USA.
Ihr künstlerisches Hauptthema war die Darstellung von Frauen, insbesondere die Beziehung zwischen Mutter und Kind. Cassatt fing intime Momente des Alltagslebens mit weichen Pinselstrichen und zarten Farbharmonien ein. Ihre Bilder zeigen Frauen in häuslicher Umgebung, beim Lesen, Nähen oder im Spiel mit ihren Kindern – Momentaufnahmen der bürgerlichen Lebensweise des späten 19. Jahrhunderts. In den 1880er Jahren erweiterte sie ihr Schaffen um die Technik der Grafik, inspiriert von japanischen Holzschnitten. Ihre Farbradierungen und Pastelle zählen zu den bedeutendsten Werken der impressionistischen Druckgrafik.
1914 zwang sie eine fortschreitende Sehschwäche, die Malerei endgültig aufzugeben. Trotz dieses frühen Endes ihrer künstlerischen Tätigkeit hatte sie bereits zu Lebzeiten einen außergewöhnlich großen Einfluss in der Kunstwelt erlangt. Mary Cassatt verstarb am 14. Juni 1926 in Château de Beaufresne, Frankreich. Ihr Werk bleibt ein zentraler Bestandteil des Impressionismus und ihr Einsatz für Künstlerinnen machte sie zu einer Schlüsselfigur in der Geschichte der modernen Kunst.
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